Für viele wäre die Aufgabe, an einer Hamburger Brennpunktschule die Mensa zu leiten, wahrscheinlich kein Traumjob. Für Ceylan Leguy ist er es. Gemeinsam mit ihrem Team produziert sie täglich bis zu 320 frische, leckere Mittagessen und kümmert sich nebenbei um die großen und kleinen Probleme der Kinder und Jugendlichen.
Historische Verbindung
Auch wenn le petit plat noch sehr jung ist – das Unternehmen wurde erst 2023 gegründet –, so reicht die Geschichte, die dahintersteht, doch deutlich weiter zurück. „Alles begann 1985“, erzählt Geschäftsführerin Ceylan Leguy. Damals kam ihr Vater aus der Türkei nach Deutschland und nahm eine Stelle in der Küche der Stadtteilschule Hamburg-Mitte an. Für die nächsten 18 Jahre blieb er dort fester Bestandteil der Schulgemeinschaft, was dazu führte, dass auch seine beiden Kinder, Ceylan Leguy und ihr Bruder Taylan Bozkurt, oft in der Küche unterwegs waren. „Ich bin dort groß geworden“, erinnert sie sich zurück.
Es bleibt in der Familie
In die Fußstapfen ihres Vaters zu treten, daran dachte Leguy zunächst nicht. „Eigentlich wollte ich einen ganz anderen Weg einschlagen“, erzählt sie. Nach ihrem Schulabschluss studierte sie Sozialökonomie mit Schwerpunkt BWL, ging für ein Jahr nach Südkorea und bekam zwei Kinder. Doch schließlich zog es sie an die Schule zurück, an der schon ihr Vater gekocht hatte. Es blieb eine Familienangelegenheit: Zusammen mit ihrem Bruder übernahm sie die Mensabewirtschaftung. Da 2023 eine weitere Hamburger Schule als Kunde hinzukam, entschlossen sie sich, zwei getrennte Unternehmen – je eins pro Schule – zu führen. Deshalb gründete Ceylan Leguy gemeinsam mit ihrem Ehemann le petit plat. „Mein Mann leitet die Küche, ich mache alles Geschäftliche“, erklärt sie die Aufgabenteilung. Und nebenbei pflegt sie einen intensiven Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen.
Wie eine große Schwester
Denn neben dem leiblichen liegt Leguy auch sehr viel am emotionalen Wohl der Kinder und Jugendlichen. So hat sie ein pädagogisches Konzept entwickelt, das an der Schnittstelle von Erziehung, Bildung und Verpflegung ansetzt. Damit habe sie die beiden Lebenswege ihrer Eltern zusammengeführt, freut sie sich. Ihre Mutter war Sozialpädagogin und arbeitete viel mit Kindern. „Bei uns sollen sich alle willkommen und integriert fühlen“, erklärt sie. „Es ist sehr familiär. Ich kenne die Kinder beim Namen, weiß, was sie mögen und was nicht.“ Gibt es ein Problem, ist Leguy da, um zu helfen. Wenn beispielsweise einzelne Kinder morgens hungrig in die Schule kommen, dann organisiert sie schon mal unbürokratisch ein Frühstück. Mit den Fünftklässlern bastelt und gestaltet sie außerdem regelmäßig die Mensa um. Und 2020 war sie als begleitende Honorarkraft mit in den Klassen und unterstützte die Schüler in den Fächern Deutsch und Englisch. Manchmal gehe es auch nur darum zuzuhören, erklärt Leguy. Kein Wunder, dass die Kinder irgendwann anfingen, sie „Abla“ zu nennen – türkisch für ältere Schwester.
Viele verschiedene Geschmäcker
Die zwei Menülinien, die le petit plat täglich anbietet, werden vorrangig aus saisonalen und regionalen Lebensmitteln zubereitet – 20 Prozent der Zutaten sind bio. Die Salatbar erfreut sich bei den Schülerinnen und Schülern großer Beliebtheit – das liege an der selbstgemachten Joghurtsauce, weiß Ceylan Leguy. Zu den Lieblingsessen gehören ansonsten Spaghetti Bolognese, Reis mit Hühnerfrikassee und Lasagne – aber auch Couscous, Hummus und Eintöpfe gingen bei ihr sehr gut, erklärt sie. „Das ist kulturell bedingt.“ An der Schule lernen Kinder aus über 70 Nationen – entsprechend vielfältig sind auch die Geschmacksvorlieben. In Syrien, Afghanistan oder Iran etwa gehören Suppen fest zu den Mahlzeiten dazu. Die Kinder kennen und mögen das.
Echte Dankbarkeit
Die Frage, ob sie mit ihrem Cateringunternehmen expandieren möchte, beantwortet Ceylan Leguy klar mit „nein“. Sie arbeite wenig gewinnorientiert, stattdessen sei ihr die Gemeinschaft wichtig. „Ich bin froh und dankbar für alles, was ich erreicht habe“, sagt sie. Da sie sich aber mehr Austausch mit Gleichgesinnten aus anderen Bundesländern wünscht, hat sie sich kürzlich dem VDSKC angeschlossen. „Wir müssen stärker miteinander arbeiten, als Caterer fühlt man sich oft alleingelassen.“