2022Verbandsmeldung8. August 2022

Essensverschwendung?

Gemeinschaftsverpflegung in Berliner Schulen: Schmeißen die Kinder wirklich zu viel Mittagessen weg?

Werden in Berlin Lebensmittel verschwendet? Ist seit Einführung des kostenlosen Mittagessens an Berliner Grundschulen ein signifikanter Anstieg der Speisereste zu verzeichnen? Wird das Schulessen nicht mehr wertgeschätzt, weil es für Schüler und Eltern nichts kostet?

Aufgeregte Presseartikel aus den letzten Wochen haben ein wenig schmeichelhaftes Bild der Berliner Gemeinschaftsverpflegung gezeichnet und damit die Politik und den gemeinen Steuerzahler in Aufruhr versetzt. Die These: Seit das Mittagessen für Grundschulkinder in Berlin vom Senat bezahlt wird, fehlt es an Wertschätzung und es landet zu häufig im Müll.

Die Mitgliedsunternehmen des VDSKC kochen täglich 90.000 Mittagessen für Berliner Kinder. Ihre Erfahrungen aus der täglichen Praxis widersprechen dieser These. „Der Anteil der Speisereste hat sich seit der Einführung der Kostenbeteiligungsfreiheit nachweislich nicht erhöht, so ermittelten es etliche unserer Berliner Mitgliedsunternehmen“, sagt Ralf Blauert, 1. Vorsitzender des VDSKC. „Das Gesetz für das kostenfreie Mittagessen in den Berliner Grundschulen ist beispielgebend für alle anderen Bundesländer und sollte ausgeweitet werden. Diskussionen über die Abschaffung dieses wichtigen Bausteins der Bildungsgerechtigkeit sind völlig fehl am Platz – besonders in Zeiten von steigenden Lebensmittelpreisen und historischer Inflation.“

Dass es auch in Schulen, wie bei jeder Form der Gemeinschaftsverpflegung, zu Speiseresten kommt, die entsorgt werden müssen, ist richtig. Dass deren Anteil in Berlin allerdings ungewöhnlich hoch sei, kann der VDSKC nicht bestätigen. Unsere Mitgliedsunternehmen arbeiten stetig daran, die Abläufe zu optimieren und nachhaltig mit Lebensmitteln umzugehen. Unter Umständen werden größere Mengen ausgeliefert, als von den Schülerinnen und Schülern abgeholt werden. Das hat verschiedene Gründe:

  • In der Regel erfolgt die Bestellung etwa 20 Tage im Voraus. Für die Warenbestellung in den Cateringunternehmen ist dieser Vorlauf notwendig. Insbesondere gilt das für die in Berlin zu verwendende Bio-Ware, deren Order eine besondere Verbindlichkeit bedarf.
  • Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt Mengen der zu verwendenden Lebensmittelgruppen pauschal vor. Für jedes Kind muss die gleiche Menge geliefert werden, unabhängig von Verzehrbedarf, Appetit oder Hunger.
  • Der schulische Alltag ist geprägt von nicht kalkulierbaren Ereignissen: Unterrichtsstunden können ausfallen, Schüler können krank werden, Pausenzeiten verschieben oder verkürzen sich.
  • In einigen Schulen sind mangelnde zeitliche, räumliche und personelle Kapazitäten zu beklagen, die das tägliche gemeinsame Mittagessen stark beschränken.
  • Unzureichende Kommunikation: Es kann vorkommen, dass Klassenfahrten oder besondere Ereignisse wie Sportfeste dem Caterer nicht gemeldet werden. In solchen Fällen ausgelieferte Speisen müssen entsorgt werden, auch wenn sie unberührt geblieben sind.

In Einzelfällen kann es daher zu dem oft zitierten Viertel an Speiseabfällen kommen. Das passiert jedoch äußerst selten und heute nicht häufiger als zu Zeiten, als das Essen anteilig von den Eltern bezahlt werden musste.

Auch wenn das Thema zurzeit viele Gemüter erregt: Es ist wichtig, die Situation differenziert zu betrachten, Gründe für Abfälle zu dokumentieren und zu beheben und den Problemen die zahlreichen Vorteile gegenüberzustellen, die eine gesunde, abwechslungsreiche und kostenfreie Verpflegung von Kindern mit sich bringt.