Dieses Hamburger VDSKC-Mitglied ist viel mehr als „nur“ ein Caterer. Bei der Alraune gGmbH wird zwar auch gesundes und abwechslungsreiches Mittagessen für Schulkinder gekocht, darüber hinaus verfolgt die gemeinnützige Gesellschaft aber vor allem ein soziales Ziel: Mit ihren zahlreichen Projekten richtet sie sich an Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind, eröffnet ihnen neue Perspektiven – und belebt damit einen ganzen Stadtteil.
Buntes Portfolio
Ein Ausbildungszentrum für Garten- und Landschaftsbau, ein Integrationsprojekt, zwei Kitas, eine Tischlerei und Malerei, mehrere Cafés, sogar „ein kleines Stück Schweden“ gehören zum Alraune-Kosmos. Das Unternehmen betreibt in Hamburg 35 Betriebsstätten unterschiedlicher Größe, darunter auch zahlreiche Schulküchen. Sie sind nicht nur wichtige Orte der Begegnung für die Anwohner, sondern dienen auch der sozialen Integration von langzeitarbeitslosen Menschen. Durch Beschäftigung, Ausbildung und Qualifizierung erhalten sie bei Alraune neue Lebensperspektiven und erleben wieder gesellschaftliche Teilhabe. „Gerade das soziale Engagement unterscheidet uns von anderen Unternehmen“, erläutert Natascha Kanzewitsch, die die Betriebsleitung des Bereichs Schulgastronomie innehat. „Wir sehen die Menschen mit all ihren Herausforderungen, Potenzialen und ihrer Lebensrealität.“
Von Anfang an gemeinnützig
Alraune wurde 1984 mit dem Ziel, sozial benachteiligte Menschen zu unterstützen, im Hamburger Stadtteil Steilshoop gegründet. Bis heute ist das gemeinnützige Unternehmen eng mit dem Stadtteil verbunden und verfolgt hier einen sozialraumorientierten Ansatz: Die Quartiersentwicklung wird mit Bildungs-, Ausbildungs- und Arbeitsmarktpolitik verknüpft. Ein Paradebeispiel dafür ist der Hof Bullerbü, den Kanzewitsch als „grüne Oase mit Tieren mitten in der Plattenbausiedlung“ beschreibt. Die Kinder der Umgebung gehen hier in die Kita, der Bio-Hofladen mit Café lädt die Erwachsenen zum gesunden Einkauf und zum Verweilen ein, die Malerwerkstatt kümmert sich um Aufträge aus dem Bezirk und das Tierhaus mit seinen Ponys, Ziegen und Kaninchen ist ein beliebtes Ausflugsziel. Viele der Angestellten kommen aus der Langzeitarbeitslosigkeit und werden hier wieder Schritt für Schritt und mit viel Unterstützung an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt.
Frischküchen und Free Flow
Gleiches gilt für die Schulküchen, die Alraune bewirtschaftet. Von den 140 Mitarbeitern in diesem Bereich seien die Hälfte ehemalige Langzeitarbeitslose, erklärt Natascha Kanzewitsch. Sie bekommen die Möglichkeit, bei positiver Entwicklung eine gastronomische Ausbildung oder Umschulung zu absolvieren und sorgen mit ihrer Arbeit für die Verpflegung von etwa 5.500 Kindern und Jugendlichen täglich. Ähnlich wie andere Hamburger Caterer auch, kocht Alraune frisch vor Ort in den Schulen. Der Anteil der verwendeten Bio-Lebensmittel beträgt zurzeit 25 Prozent, soll aber perspektivisch auf 80 bis 100 Prozent ausgebaut werden. An den Grundschulen können die Schüler zwischen zwei, an den weiterführenden Schulen zwischen drei Menüs täglich wählen. Dabei werden die Essenskomponenten im Free Flow-Büfett angeboten, so dass sich die Kinder selbst bedienen können. „Bei Bedarf unterstützen unsere Mitarbeiter natürlich und beantworten alle Fragen“, erzählt die Betriebsleiterin. Einmal im Monat dürfen sich die Klassen abwechselnd ein Mittagessen wünschen, das Alraune dann zubereitet. Neben Klassikern wie Spaghetti Bolognese oder Hot Dogs stehen dann auch schon mal Labskaus oder Sushi auf dem Speiseplan. Die Beteiligung der Schüler sei wichtig, sagt Natascha Kanzewitsch, denn so werde die Zufriedenheit mit dem Schulessen erhöht und Abfälle reduziert.
Vom Praktikum zur Betriebsleitung
Kanzewitsch ist gelernte Hauswirtschafterin und Betriebswirtin für Ernährungs- und Versorgungsmanagement. 2016 kam sie als Praktikantin zu Alraune, lernte das soziale Konzept schätzen und blieb. 2019 wurde sie zur stellvertretenden Betriebsleitung des Bereichs Schulgastronomie befördert und 2023 zur Betriebsleitung. Ihr ist es ein Anliegen, dass alle Kinder – unabhängig von ihrer Herkunft oder dem Einkommen der Eltern – ein gesundes, warmes Mittagessen erhalten. Gerade in sozial benachteiligten Stadtteilen sei das Schulessen oft die einzige vollwertige Mahlzeit am Tag, betont sie. Deshalb sei es beim Schulessen wichtig, nicht nur auf Qualität und Frische zu achten, sondern auch auf soziale Gerechtigkeit. „Der Zugang zum Schulessen muss niederschwellig und für alle sozialen Schichten leicht zugänglich sein“, sagt sie. Ein für die Kinder beitragsfreies Essen sei deshalb die beste Lösung, ist sie überzeugt.
Länderübergreifend aktiv werden
Dem VDSKC ist die Alraune gGmbH Ende 2022 beigetreten. „Wir waren bereits in der Initiative Hamburger Schulcaterer engagiert und lernten darüber den VDSKC kennen“, erinnert sich Kanzewitsch. Auch wenn in Hamburg schon vieles gut laufe, gebe es bundesweit noch viel zu tun, findet sie. Als Gruppe mit gemeinsamen Zielen für die Kita- und Schulverpflegung könne man eher etwas erreichen als allein und finde auch bei der Politik eher Gehör: „Die Politik muss den Ganztag endlich beleben“, fordert Kanzewitsch. Sie wünscht sich neben einer Entbürokratisierung vor allem mehr Wertschätzung für gute Schulverpflegung. Daran will sie zusammen mit den anderen VDSKC-Mitgliedern arbeiten.
Foto: Natascha Kanzewitsch (links), Betriebsleitung des Bereichs Schulgastronomie, und
Petra Lafferentz (rechts), Geschäftsführerin, ©Alraune