Ein Bündnis aus 15 Dachorganisationen, Verbänden und Fachgesellschaften aus Gesundheit, Sozialem, Ernährung und Umwelt fordern die Koalitionsparteien auf, die Ernährungspolitik in Deutschland endlich wirksam anzugehen. Das derzeitige Ernährungssystem sei ungesund, unsozial und höchst klima- und umweltschädlich, heißt es in dem Appell. Es „stellt die planetaren und gesellschaftlichen Belastungsgrenzen zunehmend auf die Probe.“
Die soziale, gesundheitliche und ökologische Ernährungswende in Deutschland dränge. Deshalb hat das Bündnis der künftigen Bundesregierung zehn Kernforderungen vorgelegt.
- Schaffung einer Zukunftskommission Ernährung: Aufgabe der Zukunftskommission ist es, bis Ende 2022 ein Leitbild für eine sozial gerechte, gesundheitsfördernde, umweltverträgliche und dem Tierwohl zuträgliche Ernährung in Deutschland zu entwickeln. Grundlage des Leitbildes sind die planetaren Belastungsgrenzen.
- Erarbeitung einer ressortübergreifenden Ernährungsstrategie: Die Bundesregierung verabschiedet Anfang 2023 eine ressortübergreifende Strategie, die alle vier Nachhaltigkeitsdimensionen – Gesundheit, Soziales, Umwelt und Tierwohl – beinhaltet sowie die planetaren Grenzen respektiert. Dazu gehört auch die zukünftige Gewährleistung von fairen Arbeitsbedingungen in allen ernährungsrelevanten Berufen und entlang der gesamten Lieferkette.
- Lebensmittelbesteuerung auf den Prüfstand: Bis 2022 überprüft die Bundesregierung die Lebensmittelbesteuerung auf ihre Wirkung in Bezug auf eine sozial gerechte, gesundheitsfördernde, umweltverträgliche und dem Tierwohl zuträgliche Ernährung und erarbeitet konkrete Vorschläge.
- Sozial gerechte Ernährungspolitik: Eine Ernährungswende darf nicht dazu führen, soziale Ungleichheiten zu verstärken, sondern muss vielmehr dazu führen, dass eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Ernährung allen Menschen ermöglicht wird. Dies gilt insbesondere für einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen. Die Höhe der Sozialleistungen muss entsprechend angepasst werden.
- Ernährungskompetenz fördern: Ernährungsbildung, Ernährungsberatung und Ernährungstherapie gilt es, im Sinne einer sozial gerechten, gesundheitsfördernden und umweltfreundlichen Ernährungskompetenz zu stärken. Dies gilt auch für die Ausbildung pädagogischer und gastgewerblicher Berufe. Ernährungsberatung und Ernährungstherapie sollten zukünftig niedrigschwellig allen zur Verfügung stehen.
- Augenmerk auf Ernährung im Gesundheitswesen: Ziel der Ernährungswende muss es sein, die Versorgung und Befähigung von Menschen mit besonderen Ernährungsbedürfnissen zu gewährleisten. Es gilt, die Qualifizierung und Verankerung von Ernährungsbildung und Ernährungstherapie im Gesundheitswesen systematisch zu verbessern.
- Gutes Essen bei der Gemeinschaftsverpflegung: Die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) für die Gemeinschaftsverpflegung werden evidenzbasiert und zeitnah mit Blick auf die planetaren Grenzen weiterentwickelt und als Mindeststandard flächendeckend in den verschiedenen Lebenswelten umgesetzt. Kitas, Schulen, Betriebe, Krankenhäuser, Pflege- sowie Senioren- und Rehabilitationseinrichtungen müssen in die Lage versetzt werden, für eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Ernährung zu sorgen.
- Vorbild öffentliche Kantinen: Öffentliche Einrichtungen müssen Vorreiter für eine nachhaltige und gesunde Ernährung und bei der Schaffung von Märkten für nachhaltige Produkte und Dienstleistungen sein. Dazu gehört die sukzessive Erhöhung des Anteils an Bioprodukten (50 Prozent bis 2030) sowie verpflichtende Maßnahmen zur Messung und Vermeidung von Lebensmittelabfällen.
- Verbindliche Regulierung von (an Kinder gerichteter) Lebensmittelwerbung: Kinder sehen in Deutschland im Durchschnitt 15 Werbespots für ungesunde Lebensmittel pro Tag – trotz unverbindlicher Versprechungen der Werbeindustrie, solche Produkte nicht gegenüber Kindern zu bewerben. Deshalb braucht es verbindliche gesetzliche Regeln, um Kinder in allen medialen Formaten – einschließlich Social Influencing – vor Werbung für ungesunde Lebensmittel zu schützen.
- Mehr nachhaltig produziertes Obst und Gemüse: Der nachhaltige Anbau von Obst, Gemüse, Nüssen und Hülsenfrüchten in Deutschland muss verstärkt gefördert und die Erzeuger müssen unterstützt werden, um eine ausgewogene und nachhaltige pflanzenbasierte Ernährung in Deutschland zu ermöglichen.